Donnerstag, 24. August 2017
Unterfinanziert Geschrieben von Ingo
in Politik und Weltgeschehen um
08:00
Kommentare (0) Trackbacks (0) Unterfinanziert
Wie jeder weiß, bin ich politisch deutlich links der Mitte einzuordnen. Ich trete für eine gerechte (und damit effektivere und langfristig wachstumsorientierte) Wirtschafts- und Sozialpolitik ein, bin für Befreiung des Menschen von den Zwängen der Natur und anderer Menschen wo immer mit vertretbarem Aufwand möglich, und, auch das ist essentiell, setze mich für eine friedliche, auf Kooperation basierende Außenpolitik ein.
Aber ich bin auch Reserveoffizier der deutschen Marine, wenn auch schon lange nicht mehr beordert. Im gegenwärtigen Wahlkampf versuchen die Parteien, denen ich geneigt bin, meine Stimme zu geben, die von der Bundesregierung beschlossene Aufrüstung zu kritisieren und so die Wahl zu gewinnen. Aber das ist aus meiner Sicht ein Problem. Tatsache ist, die Bundeswehr des Jahres 2017 ist mit knapp 180.000 Soldaten deutlich zu klein, um unser Land gegen einen Angriff eines denkbaren Gegners verteidigen zu können. "Welcher Gegner?" werden jetzt mache fragen. Nein, ich meine nicht Putins Russland. Im Gegensatz zu manchem konservativen Kommentator glaube ich nicht, dass wir uns da derzeit Sorgen machen müssen. Aber die Frage der Größe der Bundeswehr allein unter dem Gesichtspunkt heutiger Bedrohungen zu betrachten, greift viel zu kurz. Streitkräfte für ein friedliches, freies Land ohne imperialistische Ambitionen (und das müssen wir sein und bleiben) sind eine Versicherung für den Fall, dass etwas schrecklich schief läuft. Hätte man die Franzosen des Jahres 1932 gefragt, ob sie noch eine Wehrpflicht brauchen, hätten Sie leicht sagen können: "Nein, wieso? Der einzige mögliche Gegner hat gerade mal ein 100.000-Mann-Heer, keine Luftwaffe und eine lächerliche Marine. Das schaffen wir auch mit 'ner Berufsarmee, wenn es da jemals Streit geben sollte. Außerdem haben wir ja eine demilitarisierte Zone an Deutschlands Westgrenze." Diesen Fehler haben die Franzosen nicht gemacht, dafür aber andere. Sie waren militärisch überhaupt nicht auf das vorbereitet, was in den folgenden acht Jahren passierte und in der völligen Besetzung ihrer einst freien Heimat durch ein brutales, rassistisches, unterdrückerisches und genozidales Regime gipfelte. Acht Jahre sind sicherheitspolitisch verdammt wenig Zeit. Wie könnte die Welt 2025 aussehen? Ich gebe zu bedenken, dass Polen derzeit von Leuten regiert wird, die, vorsichtig gesagt, eher dem rechten Lager zuzuordnen sind. Weiterhin ist keineswegs sicher, dass die EU als wesentlicher Stabilitätsgarant in Europa die kommenden fünf Jahre übersteht, und dass die NATO in trumpschen Zeiten zerfallen könnte, ist nun mal mit signifikanter Wahrscheinlichkeit möglich. Man stelle sich vor, dass eine Kette von Ereignissen eintritt, die in einem Krieg zwischen Polen und Deutschland mündet. (Ja, es gibt Vögel in Polen, die von sowas träumen, weil ja bekanntlich alles östlich der Elbe mal polnisch war - vor über tausend Jahren). Und wenn NATO und EU zerfallen sollten, stünden wir ganz plötzlich sehr allein dabei. Aber es wäre ja nur Polen, nicht wahr? Ein Land, an Bevölkerung nur halb so groß wie Deutschland. Da habe ich jetzt eine schockierende Nachricht: Mit den heutigen Truppenstärken würde Polen die Bundesrepublik Deutschland schlicht überrennen. Sicher, Polen hat derzeit keine Wehrpflicht und nur etwa 100.000 Soldaten. Aber die haben ca. 1.600 Kampfpanzer und 1.300 Schützenpanzer, Deutschland hingegen besitzt etwa 330 Kampfpanzer und 400 Schützenpanzer (Planstärke; die einsatzbereiten Fahrzeuge sind weniger, weil das Geld für Wartung und Reparaturen knapp ist). "Ja aber, Herr Heinscher, heutige Kriege werden doch hauptsächlich aus der Luft entschieden!". Stimmt. Polen besitzt 132 Kampfflugzeuge, die deutsche Luftwaffe 68 nur zu 44% einsatzfähige Tornados (effektiv also 30 Maschinen) und 123 Eurofighter, von denen derzeit etwa zwei Drittel (82) flugfähig sind. Die Luftwaffen beider Staaten sind also in etwa gleich stark. Sicher könnte da im Fall eines Angriffs ein wenig mehr Einsatzbereitschaft hergestellt werden. Aber nur die, die nicht buchstäblich am Boden zerstört werden, kämen dafür in Frage. "Naja, aber von See her wird man doch in so einem Fall die polnische Wirtschaft daran hindern, Krieg führen zu können...?" Ja stimmt, die deutsche Marine ist deutlich stärker als die polnische (9 Fregatten, 5 Korvetten, 6 Uboote auf deutscher Seite gegenüber 2 Fregatten, 1 Korvette, 3 Schnellboote, 4 Uboote auf polnischer) . Aber Kriege werden an Land entschieden, und es steht zu vermuten, dass ein hypothetisches, von einem rechtsradikalen Diktator beherrschtes Polen, das in unserem Szenario Deutschland überfällt, damit bereits fertig ist, bevor eine Seeblockade irgend eine Wirkung entfalten könnte. Natürlich mutet dieses Beispiel albern an. Polen ist ein langjähriger Verbündeter und trotz in letzter Zeit gelegentlich merkwürdiger Äußerungen führender polnischer Politiker ein guter Nachbar. Aber das ist der Punkt in Sachen Sicherheitspolitik: Man weiß nie. Die Fähigkeit, sich wenn nötig zu verteidigen, muss stets vorhanden sein, egal was die Weltpolitik an bösen Überraschungen bereit halten mag. Und darum ist es vernünftig, die derzeit unterfinanzierte Bundeswehr wieder mit Geldmitteln auszustatten, die es ihr ermöglichen, Ihren Auftrag wahrzunehmen. Ob das an so einer willkürlichen Zahl wie "2% des Bruttoinlandsprodukts" festgemacht werden kann, wage ich zwar zu bezweifeln. An der Notwendigkeit, mehr für unsere Verteidigung auszugeben, habe ich jedoch keinen Zweifel. Und vor allem darum brauchen wir die Wiedereinführung der Wehrpflicht: Würde ein Überraschungsangriff unsere gesamten Streitkräfte vernichten, wäre die Bundesrepublik Stand heute noch immer nicht völlig wehrlos, weil wir noch eine ganze Menge ausgebildeter Soldaten in der Zivilbevölkerung haben, aus der Zeit, als die Wehrpflicht noch bestand. Wir würden diese einziehen und schnell eine neue Streitmacht aufstellen können. Doch mit jedem Jahr schwindet diese Reserve. Im (hoffentlich) realitätsnaheren Fall einer sich abzeichnenden Krise kann ein Land mit Wehrpflicht durch eine Mobilmachung seine Streitkraft auf zehn oder fünfzehn Prozent der Bevölkerung anschwellen lassen - wenn die Wehrpflicht bereits lange genug besteht! Diese Möglichkeit alleine kann Kriege mit einiger Sicherheit verhindern. Ich werde dennoch eine der derzeit für geringere Rüstungsausgaben werbenden Parteien wählen; sehr wahrscheinlich sogar die, die da die kategorischste Ablehnung einer Aufrüstung formuliert. Aber das geschieht dann nicht wegen, sondern trotz dieser Haltung. Auch andere Themen sind wichtig. Dennoch möchte ich alle bitten, sich über den Zustand der Bundeswehr Gedanken zu machen. Und darüber, was passiert, wenn sie eines Tages gebraucht würde, aber nicht in der Lage wäre, ihren Auftrag auszuführen. Sonntag, 20. August 2017
No, we don't need that kind of ... Geschrieben von Ingo
in Politik und Weltgeschehen um
05:14
Kommentare (0) Trackbacks (0) No, we don't need that kind of backup plan
It is always good to have backup plans, but right now, a backup plan for if they do work out seems more important. The issue is not that we wouldn't have more resources in the future; of course we will, one way or another. Even without robotics, we will rather soon find ways to rejuvenate people, we will have all kinds of productivity increasing technology, we will have access to raw materials from around the solar system.
But the real question is: How do we organize the distribution of all that wealth? Will a few rich people get all the profit? Or will we make sure every human being on the planet gets a fair share? Bezug. Samstag, 12. August 2017
Chemische Weltraumoper! Geschrieben von Ingo
in Rollenspielereien um
02:01
Kommentare (0) Trackbacks (0) Chemische Weltraumoper!
Genau, das wird meine nächste Rollenspielkampagne: Eine Weltraumoper!
Eine kleine, schlampig zusammengestückelte Website mit Infos zur Kampagne. Da sieht man natürlich nur das, was die Spieler zu diesem Zeitpunkt wissen dürfen - im Hintergrund erarbeite ich wesentlich mehr. Die Spieluniversumsbeschreibung wird ein PDF, das mit der Cepheus-Engine kompatibel ist (Cepheus ist ein freier Traveller-Klon, und da ich für diese Kampagne das deutsche 13Mann-Traveller (basierend auf Mongoose Traveller 1) benutze, passt das sehr gut). Das PDF soll es dann auch zu kaufen geben, für Leute, die es interessiert. Chemische Raketen?!?Wer sich mit der Science Fiction (oder gar mit Traveller) ein bisschen auskennt, der weiß, dass üblicherweise die Antriebe, die dort verwendet werden, um sein Raumschiff durch den Normalraum zu steuern, fantastische Leistungsfähigkeit besitzen: Wenig oder gar keine Reaktionsmasse, bei unglaublichen Beschleunigungswerten im vielfachen g-Bereich. Ich aber verwende in meinem Setting chemische Raketen, die massenhaft Reaktionsmasse benötigen und nur vergleichsweise geringe Geschwindigkeiten erreichen. Warum? Kurz gesagt: Weil chemische Raketen das Beste sind, was sich realistisch machen lässt. Eine Menge Sci-Fi-Fans werden jetzt aufschreien und Fusionsraketen, Orion-Antriebe oder Ionentriebwerke in die Debatte werfen. Aber die haben alle zwei wichtige Probleme: E=1/2m*v²Die fundamentale Gleichung für den Energiebedarf eines Antriebs: Um eine Reaktionsmasse auf die Geschwindigkeit v zu bringen, braucht man so viel Energie, wie 1/2m*v² ergibt. Mit anderen Worten: Bei doppelter Austrittsgeschwindigkeit der Reaktionsmasse (im Wesentlichen doppeltem Delta V) braucht man die vierfache Energie. Und normalerweise möchten wir Sci-.Fi-Fans ja nicht die doppelt, sondern eher die zwanzigfache Austrittsgeschwindigkeit haben. Also die VIERHUNDERTfache Energie. MasseSo viel Energie muss bereitgestellt werden. Chemische Speicherung, die beste Methode unserer Zivilisation, um Energie verfügbar zu machen, funktioniert für solche Energiemengen nicht (sonst könnte man auch eine chemische Rakete benutzen). Also brauchen wir Solarzellen oder einen Atomreaktor (entweder Kernspaltung, oder, wenn wir besonders Sci-Fi-ig drauf sind, Fusionsenergie - heiß oder kalt). Problem ist hier bloß: Sogar die leichteste dieser Möglichkeiten, die Solarzelle, wiegt eine Menge pro Watt. Je mehr aber die Energiequelle wiegt, desto geringer wird der Schub unseres Triebwerks, desto mehr Nutzlast müssen wir mit uns herumschleppen, und desto weniger nützlich wird unser höherer spezifischer Impuls (bzw. unsere Austrittsgeschwindigkeit). (Das gilt übrigens sogar für kalte Kernfusion: Es gibt zwar Hinweise, dass diese realistischer sein mag als nettoenergieerzeugende heiße Kernfusion im Raumschiffmaßstab, aber die Leistungsdichte pro Masse sieht derzeit bei weitem nicht so spannend aus, wie wir das für ein elektrisch betriebenes Raumschiff oder gar für Fusionsraketen bräuchten.) Um sich das mal vor Augen zu führen: Wenn wir eine Austrittsgeschwindkgiet von ca. 100,000 m/s haben wollen (was ungefähr 20 mal so viel wäre, wie die besten chemischen Raketen schaffen), bräuchten wir für 1 kg Reaktionsmasse pro Sekunde einen Reaktor, der 0,5*100.000²=5.000.000.000 Watt leistet. Ja, ihr habt richtig gelesen: Fünf Gigawatt. Zum Vergleich: Die in ganz Deutschland bereitgestellte Menge an elektrischer Kraftwerksleistung liegt bei etwa 200 GW (Quelle). Noch ein Vergleich: Eine deutsche Fregatte der Brandenburg-Klasse (4,900 Tonnen, Gasturbinen und Dieselaggregate) hat eine Antriebsleistung von 38 MW,. Bei einem US-Flugzeugträger der Nimitz-Klasse (100.000 Tonnen, mit Kernspaltungsreaktor) sind es etwa 200 MW. Um ein Kilogramm auf diese Austrittsgeschwindigkeit zu beschleunigen. Für ein Schiff von hundert Tonnen Masse entspräche das einer Beschleunigung von 1*100.000/100.000=1m/s², oder 0,1 g. (auch wenn niemand, nicht einmal die fortschrittlichste Weltraumzivilisation, die seit einer Milliarde Jahre die Sterne bereist, ein Schiff bauen könnte, das so viel Energie in einem Schiff von nur hundert Tonnen Masse bereitstellt - das ist einfach elementare Physik, nicht mal mit einem Antimateriereaktor ginge das, selbst wenn das Schiff nichts wäre als ein Reaktor). Es ist also schlicht physikalisch unmöglich, nennenswerte Beschleunigungen mit diesen Antrieben extrem hoher Austritttsgeschwindigkeit zu erzielen. Das beste, auf das man hoffen kann, sind Beschleunigungen im Zentimeter-pro-sekundenquadrat-Bereich. Klar, damit kommt man dann irgendwann, nach langer Beschleunigung, auf nennenswerte Geschwindigkeiten. Aber man kann genauso gut einfach eine chemische Rakete nehmen und sie voller Reaktionsmasse packen. AbwärmeUnd dann gibt es da noch das andere Problem. Eine solche Energiequelle erzeugt Abwärme. Und die wird man im Weltraum schlecht los - Luftkühlung scheidet schließlich aus. Dazu verwendet die Internationale Raumstation Radiatoren, die die Wärme als Infrarotenergie abstrahlen - mit zwei recht imposanten Radiatormasten schafft sie eine Abstrahlleistung von 70 kW. Das sind 0,0014% von den obigen 5 GW. Abwärme ist ein RIESENPROBLEM für Raumschiffe. Die meisten Science-Fiction-Settings, von Star Wars über Star Trek bis hin zu Traveller oder Jovian Chronicles, ignorieren das im Wesentlichen einfach (oder spielen das Problem hoffnungslos herunter), damit man riesige Raumschiffe mit tollen Antriebsleistungen haben kann. Aber das ist einfach völlig unrealistisch. Was wir also brauchen, ist ein Antrieb, der weder zu viel Abwärme produziert (also nicht zu viel Energie braucht), noch zu schwer ist. Die Technik dafür haben wir: Chemische Raketen. Aber wie reist man damit zu den Sternen?Kurz gesagt: Gar nicht. Aber auch mit einer Fusionsrakete ginge das nicht, die Entfernungen zwischen Sternen sind einfach viel zu gewaltig. Nach derzeitigem Stand unserer Physik sind interstellare Reisen unmöglich - nicht, wie jetzt mancher vielleicht denkt, weil in diesem Universum nichts schneller reisen könne als das Licht (eine Materie, über die man trefflich streiten kann), sondern weil selbst mit unserem obigen hypothetischen Raumschiff, das einen 5GW-Reaktor, die dazugehörige Kühlung und eine Fusionsrakete mit einer Austrittsgeschwindigkeit von fantastischen 100.000 m/s hat und, seien wir großzügig, zu 98% aus Reaktionsmasse besteht, gerade mal eine Geschwindigkeit von rund 691.000 m/s erreichen kann (und dann hat man alle Reaktionsmasse verbraucht und keine Möglichkeit mehr, am Zielort wieder abzubremsen). Das entspricht großartigen 0,23% der Lichtgeschwindigkeit, man bräuchte damit also bis Proxima Centauri, dem am nächsten an der Sonne gelegenen Stern, knapp 2.000 Jahre. Das heißt, für interstellare Reisen braucht man sowieso was anderes. Die Science Fiction behilft sich hier mit verschiedensten Fantastereien: Hyperraum (völlige Fantasy), Warpantrieb (nur wenig besser), Wurmlöcher (ein klein wenig weniger fantastisch, aber immer noch, nach derzeitigem Stand, praktisch nicht machbar) oder dergleichen. Aber das ist ein Kompromiss, den man eingehen kann: Eine einzige Ausnahme von realer Physik, damit die Geschichte spannender wird. (ich selbst verwende einen "Tachyoneninduktor" in meiner kommenden Kampagne - eine Idee, die sich zumindest teilweise aus der Speziellen Relativitätstheorie herleiten lässt, wenn man die zahlreichen praktischen Probleme höflich ignoriert). Wenn ich hier aber sowieso ein bisschen fantasieren muss, kann ich auch so herumspinnen, dass die übrigen Annahmen meines Spieluniversums möglichst realistisch bleiben können, ohne die Geschichte zu zerstören. Also muss man gar nicht so weit durch den Weltraum reisen, bevor man den Überlichtantrieb aktivieren kann, und schon funktioniert mein interstellares Setting mit chemischen Raketen. Ich finde übrigens, dass dabei ein sehr viel spannenderes Setting herausgekommen ist, als ich das selbst erwartet hätte. Aber lasst Euch überraschen. |
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