Sonntag, 29. März 2009Adieu, Kaufungen: Zwischenumzug und wie es dazu kam
Ich könnte eine neue Kategorie auf machen mit dem Titel: "Ich hatte geplant,..."
Ich hatte geplant, in den beiden gemieteten Zimmern meines ehemaligen Hauses bis zum Umzug in die neue Wohnung "WG-Leben mit der Ex" zu praktizieren. Das hat auch über viele Monate gut geklappt, ich war ja nur am Wochenende vor Ort, konnte aber so meinen Sohn sehen. Hin und wieder liess die Ex verlauten, wie unerträglich es doch sei, dass ich da war (wie üblich ohne Begründung; wie ja überhaupt die ganze Scheidung ohne Begründung auf alleiniges Betreiben ihrerseits stattfindet - nein, sie hat keinen Neuen, liebe Leser), aber ich habe heutzutage ein dickes Fell. Letztes Wochenende, also heute vor acht Tagen, wurde es allerdings für mich unerträglich, dort weiter zu wohnen. Rücksichtsloser Weise hatte die Ex nämlich ihre Eltern (an einem Papa-Wochenende) zu sich eingeladen, um ihr die "Gartenarbeit" (bestehend aus dem Verstümmeln von Rasen und Büschen) zu erledigen. Wer meine Schwiegereltern auch nur ein wenig kennt und weiss, wie viel Bildung und Entwicklung gesunden Menschenverstands an ihnen im Laufe ihres Lebens in großem Abstand vorbeigegangen sind, weiß: Das musste Streit geben. Ich putzte also meinem (an jenem Abend dazu etwas unwilligen, das kommt vor) Sohn die Zähne, wobei er in allabendlicher Theatralik vor sich hin quiekte, als werde er am Spieß geröstet. Die Ex kennt das, ich kenne das, das muss man als Elter einfach durch. Sobald man ihm die Zähne geputzt hat, ist stets alles in schönster Ordnung und er albert wieder wild herum, anstatt schlafen zu gehen. Inzwischen haben wir ihn ja auch so weit, dass er schon recht oft selber putzt, wenn auch nicht ohne vorheriges Theater. Meine von allen guten Geistern völlig unberührte Schwiegermutter allerdings sah sich ob des Gequiekes des Kleinen dazu veranlasst, sich (wohlgemerkt an einem Papawochenende) einmischen zu wollen. Mit den zornesschwangeren Worten "Ich geh da jetzt rauf!" näherte sie sich also der Treppe. Ich hörte das, und um unnötige Schwiegerigkeiten (sic) zu vermeiden, schloss ich die Badezimmertür ab. Das hatte leider nicht den gewünschten Effekt, der kontrollverliebten Mittsechzigerin zu signalisieren, dass der Vorgang sie nichts angehe, sondern führte vielmehr zu einer hysterischen Reaktion: Sie rüttelte an der Tür und drohte tatsächlich damit, die Polizei zu rufen, sofern ich nicht sofort öffne. (Generell ist sie offenbar wie schon seit Jahren auch weiterhin der Meinung, dass Menschen, die jünger sind als sie, ihre Anweisungen zu befolgen hätten - eigentlich erstaunlich, denn zumindest ich habe in dieser Hinsicht nie irgendwelche Zweifel an meiner Ablehnung dieser ihrer Haltung aufkommen lassen.) Die Anmaßung dieser Person war für mich schon immer schwer zu ertragen, und die wahrscheinlichste Hypothese, die ich bisher für die Scheidungsabsicht meiner Ex gefunden habe, referenziert die Schwiegermutter an mindestens einem halben Dutzend Stellen. Und nun werde ich in meiner eigenen (wenn auch gemieteten) Wohnung offen bedroht. Ich verlor etwas die Contenance, schloss energisch die Tür auf. Sie fuchtelte wild mit ihren Händen vor mir herum, woraufhin ich ihre Handgelenke ergriff, sie von der Badezimmertür wegdrängte und, es gibt wohl in der deutschen Sprache kein besseres Wort dafür, die alt gewordene Göre kasernenhofsmäßig zusammenschiss, wie ich es wahrscheinlich schon vor Jahren hätte tun sollen. Ihr (nicht besonders großer) Mann kam dazu, packte nun seinerseits meine Handgelenke, während sich das Streitgespräch auf erhöhtem Lautstärkeniveau fortsetzte. Mir wurde durch den doppelten Größenunterschied zu Schwiegermutter und Schwiegervater schlagartig bewusst, dass ich bei aller Berechtigung meines Zorns nicht handgeiflicher als bisher werden und die Situation nicht eskalieren lassen durfte, und ließ los, das Streitgespräch ebbte jedoch nicht ab. Wieder wurde vom Rufen der Polizei gesprochen, was meine Ex, wie gewohnt gehorsam ihren Eltern gegenüber, dann auch mit dramatischen Worten tat, während ich mich darauf verlegte, meinen Sohn wieder zum Zähneputzen aufzurufen. Der aber bekam mit, was seine Mutter tat, und protestierte lautstark dagegen. Schwiegereltern und Ex nahmen den Jungen in das (von mir nicht mitgemietete) Wohnzimmer mit und verwehrten mir mit deutlichen Worten den Zutritt, was ich natürlich respektieren musste. Es verging einige Zeit, schließlich klingelte es. Zwei sportliche Männer in Zivil und ungefähr meiner Größe standen vor der Tür, einer mit Taschenlampe und Dienstausweis in der Hand, einer etwas seitlich stehend mit der Hand auf der im Gurthalfter steckenden Faustfeuerwaffe. Man kann sich vorstellen, was die beiden erwartet hatten... Ich öffnete, liess die beiden gar nicht groß zu Wort kommen und sagte nur "Kommen Sie rein." Der linke von beiden hielt noch etwas deutlicher den Ausweis hoch und setzte zu Sprechen an, ich lachte nur und fügte hinzu "Ich weiss, wer Sie sind, kommen Sie rein." Als sie eingetreten waren, sagte ich noch "Ich bin der 'ausflippende' Ehemann.", was sie scheinbar erstaunt zur Kenntnis nahmen. Mein Sohn war zunächst während des Vorgangs sehr verstört und wusste nicht, was er von der Situation halten sollte, ich konnte ihm aber die Furcht vor "der Polizei" nehmen und ihm erklären, dass diese Männer nur helfen wollten, so dass er bald in gewohnt alberner Weise herumturnte. Im weiteren Verlauf sprachen die Männer zunächst mit mir (was ruhig und besonnen ablief und zu weiterer Erleichterung der beiden hinsichtlich wahrscheinlich vermeidbaren Papierkrams führte), dann mit Schwiegereltern und Ex (was laut wurde, soweit ich das hinter verschlossener Küchentür wahrnehmen konnte, und einen der beiden Beamten nachher mit einem roten Kopf hinterließ). So ging das noch ein weiteres Mal, dann sprachen die beiden noch einmal mit mir und erklärten mir die Lage: Sie hatten ebenfalls nicht den Eindruck, dass hier für irgendwen einen Gefahr bestünde, seien aber durch ihre Vorschriften gebunden: Würden sie erneut gerufen, müssten sie mich mitnehmen und eine Nacht auf der Wache behalten, Fingerabdrücke und DNA-Probe nehmen und viele, viele Formulare ausfüllen (wozu sie, wie sie sagten verständlicherweise nur bedingt Lust hatten, gerade in einem solchen Fall wie diesem). Ich weiss bis heute nicht, wie viel davon geblufft war, aber im Zweifel glaubt man solch eine Ankündigung ja erst mal, zumal die Männer es offenbar gut meinten. Als die Beamten wieder weg waren (sie warteten, wie ich später bemerkte, noch etwa eine halbe Stunde im Wagen, was ich als Zeichen professioneller Arbeit wertete), putzte sich der Junge selbst die Zähne und ließ sich anstandslos ins Bett bringen. Ich selbst schlief allerdings kurz und schlecht: Im Grunde brauchten meine Schwiegereltern nur einen Fall zu erfinden, um mir erstmal große Schwierigkeiten zu bereiten. Das Risiko, mit diesen Menschen in der selben Wohnung Zeit zu verbringen, erschien mir, nüchtern betrachtet, als zu hoch, um es im Grunde unnötig einzugehen. Ja, ich zahlte 450 Euro Warmmiete für die Nutzung von zwei Räumen sowie Küche, Bad und Keller (was ich beruflich bedingt oft nur am Wochenende auch tatsächlich tun konnte), und ja, ich hatte nichts verbrochen, das die ganze Scheidungssituation oder Teile davon auch nur im Ansatz rechtfertigen würde. Aber bei allem Stolz und Rechtsempfinden: Man streitet sich nicht, wenn man nichts gewinnen und viel verlieren kann. Folgerichtig bat ich am nächsten Morgen meine eigenen Eltern, für die Zeit bis zum Einzug in meine neue Wohnung ihr Gast sein zu dürfen. Meine Eltern bewohnen eine wunderschöne 4-ZKB-Eigentumswohnung in Kassel im Stadtteil Wehlheiden, und das Arbeitszimmer wird kaum genutzt, also war das kein Problem. Seit einer Woche kampiere ich dort folglich (an den Wochenenden), wobei ich all meine Habseligkeiten bereits aus der ehemaligen Ehewohnung entfernt habe, mit Ausnahme meines Fahrrads. Mich ummelden, Nachsendeantrag stellen und so weiter werde ich ab der kommenden Woche, wenn die neue Wohnung mir tatsächlich gehört. So lange habe ich mit der Ex vereinbart, dass sie meine Post weiterhin entgegennimmt. Ich finde es sehr, sehr schade, dass mein Abschied aus jenem Haus, das einmal meines war, auf diese Weise stattfand. Aber nun muss ich nach vorn blicken. Trackbacks
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Kommentare
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Ui, schwierig.
Klingt total wirr. Wäre ich auch genervt, erstens hat wohl niemand Bock, sich sinnlos anschreien zu lassen, und zweitens nervt Umziehen. Andererseits klingt das wie etwas das man ziemlich einfach hätte vermeiden können, indem man z.B. ein wohlerzogenes Kind hat. Klar nervt der falsche Alarm im konkreten Einzelfall, aber ist es nicht auch gut, dass die Oma nicht zu den Leuten gehört, die wegsehen -- davon gibt es schliesslich schon genug. Klar bist Du ein Elter von dem Kind und sie nicht, aber dass Elter-sein nicht von Missbrauch schützt, ist ja nun traurig-bekannt, und eben auch, daß man sich da auch in Leuten irren kann, die man meint zu kennen. Nicht nur das, es sind sogar mal die Cops gekommen, als man sie gerufen hat -- darauf kann man sich ja heutzutage offenbar auch nicht mehr verlassen. Dass das also in der Gegend voraussichtlich/hoffentlich auch dann funktionieren wird, wenn man es wirklich braucht, ist doch auch gut zu wissen.
Nachgedanke: Ich bin Anhängerin des "... my castle"-Gedankens, und finde Störungen in der eigenen Wohnung noch mal extra lästig. Ist natürlich auch interessant, daß Deine Ex nicht sagte, "Ball flachhalten, nein, der waterboarded das Kind jetzt gerade *nicht*." Naja, man steckt nicht drin.
C'est la vie.
Und es stinkt. Aber ich erlebe auch derzeit - zum Glück nur aus der Entfernung - mit, wie sich da zwei Parteien wegen eines Zaunes langsam in die Finger kriegen... wobei die eine nicht einsieht, das sie da mal handwerklichen Mist gebaut hat, aber die andere jetzt letztens durch Verbau der Einfahrt provozieren musste... seufz |
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