Unser Bundestag hat letzten Freitag beschlossen, sechs Aufklärungstornados sowie die Fregatte Augsburg zu entsenden, um die französischen Militäroperationen im syrischen Luftraum zu unterstützen.
Das ist bedauerlicherweise teilweise illegal: Syrien hat nicht um derlei Unterstützung im Kampf gegen eine der Rebellenfraktionen gebeten, und damit stellt das unberechtigte Eindringen in den syrischen Luftraum schlicht eine Angriffshandlung dar. Diese sind nach Art. 26 GG ausdrücklich verboten (und §80 StGB greift hier offensichtlich auch).
In den diversen der Russischen Föderation nahe stehenden Medien finden sich nun am heutigen Morgen Berichte, wonach Syrien offenbar plant, demnächst eine Erklärung zu den fremden Kampfflugzeugen in seinem Luftraum abzugeben: Es gerüchtet dort, dass alle nicht russischen Flugzeuge ausländischer Herkunft, die syrischen Luftraum verletzen, demnächst durch die syrischen S300-Flugabwehrraketen abgeschossen werden, die Assads Truppen offenbar noch immer besitzen.
Wenn das geschieht, sind unsere zwölf Piloten und WSO's, die in den sechs Tornados sitzen werden, mit Beginn ihres Einsatz Raketenfutter. Getötet oder (wenn sie Glück haben) gefangen genommen bei der Ausführung eines illegalen Befehls.
Fast das erste, was ein deutscher Soldat in der Grundausbildung lernt, ist, dass er Befehle, die einen Straftatbestand darstellen, nicht ausführen darf. Diese zwölf Soldaten, wer immer sie genau sein werden, haben das ebenso beigebracht bekommen wie jeder andere (auch ich vor langer Zeit). Sie wissen genau, was sie tun. Von daher könnte man in eisiger Härte sagen: "Ich habe kein Mitleid." Aber die Wahrheit ist, dass diese Soldaten in einer Zwickmühle stecken, denn verweigern sie in diesem Fall den Gehorsam, wird man sie bestrafen (auch wenn diese Bestrafung ihrerseits illegal sein wird). Die Wahl ist nicht leicht. Aber wahrscheinlich sind das die wichtigen Entscheidungen nur selten.
Von derlei Fragen des persönlichen Schicksals dieser Männer abgesehen ist das Ganze aber von einer enormen weltpolitischen Brisanz. Der gesamte Bürgerkrieg in Syrien wurde durch inzwischen unbestrittene CIA-Operationen auf syrischem Boden mit ausgelöst. Ausländische Mächte versorgen die diversen Rebellengruppen, auch den allseits verabscheuten "Islamischen Staat" (IS) mit Waffen und Fahrzeugen. Am gestrigen Morgen haben irgendwelche ausländischen Flugzeuge (ich verdächtige türkische) syrische Regierungstruppen im vom IS belagerten Städtchen Deir-es-Zor angegriffen und einige Panzer zerstört - vielleicht ein Versehen, vielleicht wollten sie den IS treffen. Vielleicht aber auch nicht. Russland hilft der syrischen Regierung gegen die Rebellen. Es besteht ein Militärbündnis. Könnte Russland es sich denn leisten, Syrien nicht auch bei einem Angriff durch die NATO Beistand zu leisten?
Für mich sieht es so aus, als stolperte die Bundesrepublik Deutschland an der Seite von Verbündeten, die diese Bezeichnung nur noch teilweise verdienen (namentlich die USA, welche wieder und wieder bewiesen haben, dass sie uns als Vasallen und nicht als Alliierte betrachten und behandeln) in einen Krieg, der mit unseren Interessen nicht das Geringste zu tun hat. Wir setzen uns durch die Teilnahme an diesem Krieg ins Unrecht. Unsere Soldaten werden sterben, und wenn diese Angelegenheit eskaliert, dann sicher nicht nur zwölf.
Nun ist es hoffentlich weit übertrieben, die Gefahr eines dritten Weltkriegs zu sehen. Aber Russland hat eine Menge hingenommen in den letzten Jahren, und sein Präsident Putin hat wieder und wieder deeskaliert, soweit es unter Wahrung der Interessen seines Landes irgend möglich war. (und wo nicht, hat er ausgesprochen unblutige Reaktionen gezeigt, wie zum Beispiel bei dem durch russische Agenten induzierten Beitritt der Krim zur russischen Föderation). Derweil wurde von US-Seite (und auch von der Türkei, dem NATO-Verbündeten, der kürzlich ein russischen Flugzeug wegen einer Nichtigkeit über syrischem Territorium abschoss und eines der beiden Besatzungsmitglieder damit zum Tode durch Rebellengewehre verurteilte) wieder und wieder provoziert und eskaliert. Es gibt einen Punkt, an dem wird Putin zu dem Schluss kommen, dass alles Deeskalieren nichts nützt und er drastischere Maßnahmen ergreifen muss. Und dann führt das Eine zum Anderen, und eh wir es uns versehen, steht weit mehr in Flammen als nur Syrien.
Wir als Bundesrepublik Deutschland sollten uns da raus halten. Nicht aus Feigheit. Sondern weil es dem gemeinsamen Ziel aller Menschen, dem zivilisatorischen Fortschritt, nur schadet, sich daran zu beteiligen.