Jeder kennt heutzutage das Narrativ vom brasilianischen Rinderbaron, der den Regenwald niederbrennt, um Platz für Rinderweiden zu schaffen. Das ist grundsätzlich nicht völlig falsch. Etwas komplizierter als kolportiert ist es allerdings schon.
Zunächst einmal brennt fast niemand absichtlich Urwaldriesen nieder. Diese haben schließlich ein wertvolles Holz, und das sollte selbstverständlich zuvor verwertet werden.
Nur, das veranlassen keineswegs die Rinderbarone Brasiliens. vielmehr handelt es sich hierbei um eigene Unternehmungen, die ganz unabhängig und ohne Koordination mit der Viehzuchtbranche Bäume fällen – teils legal, teils illegal, aber von den Behörden geduldet, teils auch im Konflikt mit dem Staat.
Wenn das in einem bestimmten Teil des Regenwaldes geschehen und alles Holz abgeerntet ist, stellt sich natürlich die Frage, wie man dieses Land dann nutzen kann. Hier erst beginnt die „Brandrodung“ eines bereits von Bäumen befreiten Regenwaldabschnitts – niedergebrannt wird also Wald ohne (große) Bäume. Das findet (absichtlich) natürlich nur da statt, wo bereits keine Bäume mehr stehen, weil eine Weide voller Urwaldriesen nutzlos ist.
Anders gesagt: Die Ursache (im ursprünglichen Sinn des Wortes) der Entwaldung ist zunächst einmal die Holzindustrie. Würde sich dies ändern, wenn wir keine Tiere mehr äßen? Warum sollte es? Brauchten wir dann weniger Holz?
Und zweifellos würde sich anderer ökonomischer Nutzen für das nun freigewordene Land finden. In Brasilien sehr beliebt ist zum Beispiel der Anbau von Biokraftstoffen.
Die eigentliche Ursache des Regenwaldsterbens ist also nicht die Tierhaltung, sondern die Tatsache, dass sich mit diesem Land Geld verdienen lässt und die Regierungen den Wald nicht schützen. Weniger Fleisch zu essen ändert daran überhaupt nichts – vielmehr muss stattdessen in den jeweiligen Ländern die Politik tätig werden.
Allerdings ist das möglicherweise nicht mal rational, denn wenn wir weiter so viele fossile Brennstoffe verbrennen, dann werden die heutigen Regenwälder durch den Klimawandel sowieso sterben, und dann ist es sogar fast vernünftig, ihn rechtzeitig abzuholzen, bevor Trockenheit ihn dahinrafft und das Holz (durch Waldbrände) ruiniert.
Es läuft also wieder darauf hinaus, dass wir uns durch die Scheindiskussion ums Fleisch nicht von der Notwendigkeit ablenken lassen dürfen, fossile Brennstoffe in unserer Zivilisation zu ersetzen.